Der Obama Hype

Niemand, so scheint es mir, wird im Augenblick so gehyped wie Barack Obama. Zugegeben: er ist eine sympathische Erscheinung. Sein predigthafter Redestil ist mitreißend, aber nur solange es nicht um Inhalte geht. Er redet staatsmännisch über Werte, den „Change“, der mit ihm kommen wird (er hat dieses Wort in diesem Vorwahlkampf geprägt, inzwischen reden viele Kandidaten vom Change). Doch wenn es um konkrete Inhalte geht, bleibt Obama im Ungefähren. Nicht selten gerät er ins Stammeln und verliert seine Sicherheit.

Jetzt „feiert“ SpOn die neuesten Umfragewerte (Originalquelle). Meine tägliche Quelle ist www.presidentpolls2008.com. Auch hier ist zu beobachten, dass Obama in New Hampshire aufgeholt hat, überholt hat er Clinton jedoch noch nicht. Zudem liegen die Werte doch teilweise extrem weit auseinander. Warum sich die Ergebnisse von einem Tag auf den anderen so stark ändern, ist für mich nicht wirklich erklärbar.

Hillary Clinton Foto 1

Nach wie vor halte ich einen (knappen) Sieg Clintons für wahrscheinlicher und auch ehrlich gesagt für wünschenswerter. Zwar gibt es einige Punkte, die für Obama sprechen (seine strikte Ablehnung des Irakkrieges; dass er außerhalb des washingtoner Establishments steht, etc.), jedoch ist er mit nur drei Jahren Senatsmitgliedschaft einfach noch ein politisches Greenhorn. Geleistet hat er noch nicht wirklich viel, im Senat ist er unauffällig, sein Abstimmungsverhalten kann man als opportunistisch bezeichnen. Opportunistisch ist Hillary, vor allem in Sachen Irak, sicher auch gewesen, auch sie hat in vielen Punkten ihre Meinung geändert, doch sie ist durch und durch Profi.

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Mein eigentlicher Favorit bei den Demokraten ist John Edwards. Er ist nach amerikanischen Maßstäben als am ehesten links zu bezeichnen. Seine Rede nach den Caucuses in Iowa empfand ich als mitreißend und am politisch glaubwürdigsten (mit Betonung auf politisch). Leider ist er wohl chancenlos im Fortgang der Primaries. Obwohl, wer weiß… vielleicht ist er der lachende Dritte, sollte die Schlammschlacht zwischen Hillary und Barack weiter anhalten. Zu wünschen wäre es ihm. Im Gegensatz zu Clinton und Obama hat er keine Großspenden der Pharma Lobby bekommen, er hat nichts mit dem AIPAC am Hut (soweit ich weiß, wer’s besser weiß, mag mich gerne in den Comments berichtigen), für seine anfängliche Zustimmung zum Irakkrieg hat er sich öffentlich entschuldigt (was allemal glaubwürdiger wirkt, als Obamas Hinweis auf seine Gegnerschaft von Anfang an; Obama stand im Gegensatz zu Edwards zu gegebener Zeit nicht in Verantwortung). Auch menschlich sagt er mir zu. Zwar ist er bekennender Christ, vertritt aber strikt die Trennung von Politik und Glauben. Er und seine Frau haben schon Schicksalsschläge überwinden müssen, so starb ihr Sohn im Alter von 16 Jahren bei einem Verkehrsunfall. Mrs Edwards ist zudem unheilbar an Brustkrebs erkrankt, treibt ihren Mann dabei aber noch an, Höchstleistungen zu vollbringen. So bringt Edwards den Nachweis, dass ihn so schnell nichts umhauen kann. Deshalb hoffe ich auf ein kleines Wunder. Er muß auch New Hampshire nicht gewinnen, ein erneutes „better than expected“ wird ihn im Rennen um die Präsidentschaft halten.

~ von degeisle - Januar 6, 2008.

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